Mallorca
Dieser Reisebericht hat zwei reale Stationen:
Den Töpferkurs in idealem Ambiente und den Aufenthalt in der billigen Ferienwohnung. Die beiden Protagoniosten stecken in Beziehungsschwierigkeiten die explodieren, doch ein unerwartetes «Geschenk» rechtfertigt alle Strapazen.
D iesem ausserordentlich langen und kalten Winter 2012/13 haben wir, mein Mann Peter und ich, nur eines entgegenzusetzen: ein neues Reiseziel muss herausgespürt werden. Ja, denn die Midlife-Krise hat sich deutlich bemerkbar gemacht: wir können nicht mehr miteinander reden, ohne aus der Haut zu fahren. Die meisten Äusserungen werden als Angriff gewertet, und so hat man sich halt nichts mehr zu sagen! Die Kommunikation scheint auf einem anderen Planeten zu Hause zu sein.
Deshalb sind die Kriterien für einen gemeinsamen Urlaub dieses Jahr besonders schwer zu finden. Oder ist der Moment gekommen, wo wir uns getrennt erholen sollten? Aber das ist auch eine Kostenfrage oder eines von uns verzichtet darauf, wegzugehen. Aber eigentlich wollen wir nicht ohne den anderen verreisen, sei es aus Gewohnheit, sei es in der Hoffnung, dass es vielleicht doch noch eine Chance gibt, um sich nochmals neu ineinander zu verlieben.
Doch warum soll ausgerechnet ich als MS Patientin noch reisen? Möglicherweise liegt es mir in den Genen − und die scheinen noch nicht von dieser Krankheit betroffen zu sein. Meine beiden Grossväter waren nach ihren Möglichkeiten gerne gereist. Meine Eltern begannen zu reisen, sobald ihre Erstgeborene das Haus verlassen hatte. Zunächst ging es nach Amerika zu Verwandten. Dann wurde es immer abenteuerlicher. Mit Genuss erzählt Mutter, wie sie und der Vater in Peking ohne ihre Gruppe unterwegs waren und etwas essen wollten. Bis heute wissen sie aber nicht, was der Vater (der leider nicht sehr sprachbegabt ist) unter Zuhilfenahme von Händen und Füssen bestellt hatte.
Zwei Reisen unternahmen wir als Familie: die erste ging 1981 mit dem Rheinschiff nach Amsterdam. Es war keine sehr gesegnete Unternehmung: wegen Hochwassers mussten wir ab Karlsruhe mit dem Zug weiter reisen und nach zwei Wochen Regen in Amsterdam zeigte sich die Sonne während rund zwanzig Minuten, als wir ins Flugzeug stiegen. Immerhin war das mein erster Flug, er führte uns nach Basel zurück. Mir wurde dabei übel. In dieser Situation erlebte ich meinen Vater von seiner grossartigsten Seite: er reichte mir einen Flachmann mit Whisky mit den Worten: „Da trink, das hilft dir!“ Das war eine Wohltat. Es half so gut, dass ich keine Erinnerung mehr an den ersten Flug meines Lebens habe und ich mich auch nicht daran erinnere, wie wir vom Flughafen nach Hause kamen!
Die zweite Familienreise ging 1982 nach Moskau (als der eiserne Vorhang noch geschlossen war). Es war im November und diese Stadt mit ihren Abgasen und Freiheitseingrenzungen bewog mich wahrlich nicht zu einem überzeugten Kommunistendasein.